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Die vergessene Kunst

Falk saß im Gras, an einen Baum gelehnt und war so in seine Erinnerungen versunken, dass er die Welt um sich herum nicht mehr wahrnahm. Er dachte zurück bis zu dem Punkt, wo seine Erinnerungen einsetzten. Damals war der junge Elf, der inzwischen 50 Sommer erlebt hatte, viel mit seiner Mutter Keo Falkenauge im Wald unterwegs. In diesen Jahren erlernte Falk wie man sich im Wald und in der Natur zurechtfindet. In letzter Zeit war er jedoch mehr bei seinem Vater Vanyar yil Kaylbor gewesen, denn Keo, seine Mutter, hatte sich auf eine Reise nach Caswallon begeben. Auch bei seinem Vater war der junge und wissbegierige Elf nicht untätig gewesen und hatte etwas von der Schmiedekunst seines Vaters erlernt. Aber man hatte ihm auch beigebracht, mit Waffen umzugehen. Am meisten hatte sich Falk jedoch mit der Schmiedekunst und den verschiedenen Metallen beschäftigt.

Nach einiger Zeit schreckte Falk hoch. Ein Windstoß hatte ihm Blätter von der Eiche, an der er lehnte, ins Gesicht getrieben. Als sich der junge Elf erhob, sah er sich noch einmal in dem wunderschönen Hain um, in dem er geruht hatte. Dort sah er Vögel, die fröhlich ihre Lieder sangen, und andere Tiere die sich um ihre Nahrung bemühten. Er ließ diese Ruhe kurz auf sich einwirken und entschloss sich dann, seinen Vater Vanyar in den Hallen der Heilung zu besuchen, wo dieser den schwer verletzten Ehlo und die nicht ganz so extrem verwundete Kitara pflegte. Der Weg von Falk führte ihn einmal quer durch die ganze Stadt. "Oberon sei Dank kenn ich eine Abkürzung", dachte sich der Elf und lief los. Auf seinem Weg musste Falk auch durch das Stadtzentrum, wo reges Treiben herrschte, den es war Markttag. Vertreter der verschiedensten Völker priesen ihre Ware an. Nur noch wenige Minuten und er war am Haus der Gilde angekommen. Als er die Türe durchschritt, wurde er von mehreren Heilern bemerkt. Sie zeigten auf den hinteren Bereich des Raumes, wo sich wohl sein Vater aufhielt.
An der nur angelehnten Tür blieb Falk stehen und flüsterte: "Vater, ich bin hier, um dich zu besuchen und nach meinem Freund Ehlo zu sehen."
"Nicht jetzt, Falk, Ehlo schläft gerade", entgegnete Vanyar in der gleichen Lautstärke. "Schau in ein paar Stunden noch mal nach ihm. Vielleicht ist er bis dahin aufgewacht", meinte Falks Vater. "Geh doch zu Younani und lies etwas zu den Themen, die dich interessieren."
"In Ordnung!" war die Antwort des Sohnes und er machte sich auf den Weg zur Bibliothek von Titania, um Younani zu besuchen. Unterwegs schlenderte er durch die Straßen von Titania und sah viele verschiedene Vertreter der Naturgeister, aber auch der anderen Völker Magiras. Es schien, dass diese, wenn sie sich denn begegneten, fast immer nur über Politik redeten, was Falk gar nicht interessierte. Nach einer kurzen Weile stand der junge Elf dann vor dem Eingang der Hallen von Younani und trat ein. Neugierig sah sich Falk um. Es war sehr still in der Bibliothek und nur hier und da hörte man ein leises Gemurmel.
"Younani!" rief Falk lautstark
"Jaaaahaaaa!" kam es in der gleichen Lautstärke aus einer Ecke der Bibliothek zurück.
"Wo bist Du!" schrie Falk noch einmal, während er versuchte, auf die Stimme zuzugehen. Allerdings war das nicht so ganz einfach, weil die anderen Benutzer der Bibliothek ihn bereits erstaunlich laut anzischelten, um ihn zum Schweigen zu bringen.
"Hiiihiiieeer!" ertönte es jetzt kurz vor dem jungen Elfen.
Und da sah er Younani auch endlich. Sie steckte mit dem unteren Teil ihres Körpers in einem Buch, lehnte mit den Ellenbogen auf den obersten Seiten und winkte Falk fröhlich zu.
"Na, was machst Du denn hier, Falk?" freute sich der kleine Bibliothekskobold.
"Mein Vater hat mich hergeschickt, damit ich was lesen soll", erklärte Falk der kleinen Gestalt.
"Was würde dich denn interessieren?" frage Younani immer noch recht lautstark und mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht.
"Ich würde gerne etwas über das Schmieden und Kristalle wissen!" rief Falk als Antwort.
Der Kobold überlegte einen kurzen Moment und auf einmal sprang sie aus dem Buch und rief: " Komm mit, ich weiß, was ich dir zeigen kann. Das ist eins meiner Lieblingsbücher und es geht um Kristalle. Ich war dort auch schon öfter. Es ist unheimlich schön." Sie packte Falk am Ärmel und zog ihn einmal quer durch die Bibliothek. Dann machte sie halt und sagte zu Falk: "Reich mir doch bitte mal das Buch genau auf deiner Augenhöhe mit dem Kristall auf dem Einband." Ohne große Mühe nahm Falk das Buch aus dem Regal und legte es auf den Tisch, der neben ihnen stand. " Das Buch ist echt spannend zu lesen", meinte Younani.
Falk machte ein genervtes Gesicht und sagte: "Du, Younani, ich hab keine Lust zu lesen, das ist mir einfach zu trocken. Geht das nicht irgendwie anders?"
"Ja logisch, ich nehm dich in das Buch mit, dann kannst du alles hautnah miterleben und auch gleich anfangen zu üben, ohne was kaputt zu machen", sagte Younani grinsend.
"Ok, was muss ich tun. damit ich da rein komm, anklopfen?" frage Falk mit einem Lachen im Gesicht.
Younani kippte beinahe kichernd vom Lesetisch, als sie sich das mit dem Klopfen vorstellte. "Kannst Du ja mal probieren. Neiiiin du Witzbold, ich bring dich da rein, du musst mir nur vertrauen", meinte Younani, als sie sich von ihrem Lachkrampf erholt hatte.
"Na dann. Los geht's!" rief Falk, der wissbegierig darauf wartete, dass es losging.
"Dann los!" bestätigte der Kobold grinsend und in der gleichen Lautstärke wie Falk. Sie nahm den jungen Elf an der Hand und konzentrierte sich kurz. Falks Welt begann zu verschwimmen und ein paar Augenblicke später fand er sich in einer gewaltigen Höhle wieder.
"Viel Spaß, Falk, wenn du mich brauchst: einfach laut brüllen. Das schaffst du ja, wie du jetzt schon öfter bewiesen hast", sagte Younani lachend und verschwand.

Falk sah sich neugierig um und musterte die Umgebung. Die Decke war ungewöhnlich hoch für eine Höhle. Die Wände waren mit Kristallen in vielen verschiedenen Formen und Farben gespickt, die aus dem schwarzen Fels hinaus ragten. Außerdem sah man an einigen Stellen Bearbeitungsspuren, als hätte dort jemand mit einer Spitzhacke gegraben. Die Halle (denn von den gewaltigen Ausmaßen her konnte man den Raum nicht als Höhle bezeichnen), in der sich Falk befand, war nur von wenigen Fackeln und Öllampen beleuchtet, aber die verschiedenen Kristalle reflektierten das Licht in ihren Farben überall hin und somit konnte man relativ weit sehen. Falk überlegte, dass die Decke hoch genug war, dass ein Riese hier aufrecht stehen konnte.
Nach einigen Minuten hörte er das Geräusch einer Spitzhacke, die den Fels bearbeitete. Leise machte sich Falk auf den Weg und stellte fest, dass das Geräusch von hinter der nächsten Ecke kommen musste. Seiner Neugier folgend blickte Falk vorsichtig um die kristallene Kante und sah dort einen Zwerg, der voll Elan den Felsen bearbeitete, wohl um den wunderschönen roten Edelstein darin zu bekommen. "Grüße, ich bin Falk Falkenauge", sagte Falk. Der Zwerg erschrak und drehte sich in die Richtung des Elfen. "Hallo, ich bin Thorm Eisenschild, Kristallschmied von Beruf und was machst du eigentlich hier?" sagte Thorm mit seiner tiefen Stimme. "Ich soll hier lernen, nur was, das weiß ich noch nicht so ganz", entgegnete Falk. "Gut, dann bring ich dir jetzt mal alles bei, was ich über Kristalle weiß. Wie man sie abbaut, ohne sie zu beschädigen und wie man sie verarbeiten kann. Dann lass uns loslegen", forderte der Zwerg den jungen Elfen auf. Ohne große Umschweife spannte Thorm Falk mit in die Arbeit ein. Und schon nach kurzer Zeit merkte der Waldelf, dass ihm die Arbeit sehr viel Spaß machte und er sog das Wissen des Zwerges wissbegierig in sich auf.

Nach gefühlten zwei Wochen meldete sich plötzlich Younanis Stimme aus dem Hintergrund: "So, Falk, wie gefällt es dir denn hier?"
Falk entgegnete: " Es ist hier super. Man kann so viel über Kristalle lernen. Gibt's davon noch mehr? Ich will hierbleiben!"
"Falk, ich habe noch mehr solche Bücher. Also die Fortsetzungen, wo du Thorm wiedersehen wirst", sagte Younani die mittlerweile hinter Falk erschienen war.
"Sind das wieder Bücher mit Thorm?" frage Falk.
"Ja, alle Bücher bauen aufeinander auf. Es gibt drei Bände und er wird dich auch im Band 2 wiedererkennen. Ach, als Information für dich, er hat die Bücher selbst geschrieben." "Na dann los" rief der Elf begeistert.
"Ok, komm heraus, Falk, und gleich wieder hinein, aber dieses mal in Band zwei!" rief Younani, die sich sehr freute, dass Falk die Bücher so gefielen. Kaum war das Kobold-Elfengespann wieder in der Bibliothek, wies Younani Falk an: "Räum das Buch bitte wieder zurück und nimm gleich das rechts daneben mit. Denn das ist Band zwei." "Ja!" war die Antwort Falks der die Aufforderung voller Vorfreude ausführte. "Dann los!" rief Falk. "Dann los", bestätigte Younani lachend.

Kurz darauf fand sich Falk wieder in einer Grotte wieder, die seiner ersten Begegnung mit den Kristallfelsen sehr ähnlich war. Dort sah er auch schon Thorm, der mit der Bearbeitung eines Rohkristalls beschäftigt war. "Hallo Thorm", begrüßte Falk den Zwerg. "Ah, hallo junger Freund. Willst du gleich mitarbeiten?" kam als Begrüßung zurück. "Selbstverständlich!" rief Falk und machte sich sofort mit an die Arbeit. Thorm erklärte dem Elfen, dass man Kristalle auch schmieden kann. Dafür erforderte es Magie, denn man muss die Struktur eines Kristalls verändern. "Hier, Falk, ich demonstriere es dir und dann darfst du, wenn du möchtest, es auch mal selbst versuchen", sagte Thorm.
Im gleichen Moment konzentrierte sich Thorm auf den Kristall und legte die Hände auf seine Oberfläche. Da begann sich der Kristall zu verändern und nahm die Form einer Klinge an. Thorm nahm die Hände von der Klinge und sagte: "Du musst die Struktur des Kristalls von innen nach außen verändern, so habe ich z.B. diese Klinge geformt."
"Darf ich das auch einmal versuchen Thorm, also das Umformen?" fragte Falk aufgeregt. "Sicher", entgegnete der Zwerg und lächelte.
Der junge Elf trat an einen kleinen Saphir heran, um es einmal zu versuchen. Er legte die Hände auf dem Kristall und konzentrierte sich. Falk stellte sich die Klinge eines Langmessers vor und versuchte dieses Bild auf den Saphir zu übertragen. Es war sehr anstrengend, die Konzentration aufrecht zu erhalten. Aber Falk merkte, wie sich der Kristall veränderte. Doch die Kräfte des Elfen versiegten bald und er brach die Bündelung der Magie ab. Als er die Augen öffnete, war Falk nass vor Schweiß und seine Hände zitterten. Als er auf den Saphir blickte, bemerkte er, dass sich die Struktur zwar verändert hatte, aber die Form, die er sich vorgestellt hatte, war es noch lange nicht. "Gut gemacht, Falk! Für den ersten Versuch wirklich beeindruckend", lobte Thorm den erschöpften Elfen. Falk lehnte sich an einen Stein und begann einzuschlafen.

"FALK!" hörte der Elf Younanis Stimme entsetzt rufen und Falk fühlte sich heftig an den Schultern gepackt und geschüttelt. "Ic-h-h-h bin ja wach!" antwortete Falk verschlafen.
"Du hast nur geschlafen, ach so, puh!" antwortete Younani erleichtert "Was war den los, dass du so erschöpft bist, Falk?" wollte der Kobold wissen. "Thorm hat mir gezeigt, wie man einen Kristall umformt, ich hab es versucht und mir fehlt einfach etwas Übung. Und nach meinem Versuch, der da drüben liegt, war ich einfach nur müde." "In Ordnung. Aber du, was sollte denn das werden?" frage Younani neugierig.
"Eine Klinge", antwortete Falk ein klein wenig deprimiert, denn seine Arbeit sah aus, als hätte jemand ein Stück Gummi genommen und in alle Richtungen etwas gezogen.
"Junge, für den ersten Versuch war das wirklich gut!" sagte Thorm, um den Elfen zu loben. "Danke", war die Antwort des Elfen.
"Younani. hast du Lust zuzusehen. wenn ich es noch mal versuche?" fragte Falk, als er sich seiner guten Freundin zuwandte.
"Ja aber klar!" rief Younani und klatschte erfreut in die Hände.
Thorm hatte in der Zwischenzeit einen weiteren Kristall geholt, dieses mal einen kleinen, handlichen Rubin. "Versuch mal etwas Kleineres, Falk, wie einen Armreif."
"In Ordnung", meinte Falk und legte die Hände auf die Oberfläche des Rubins. Dabei begann er sich zu konzentrieren und einen einfachen Armreif vorzustellen.
Der Elf spürte, wie der Rubin sich unter seinen Händen verformte und nach einiger Zeit, als er seine Konzentration verlor, sah er auf sein Werk.
Es war zwar ein Loch in dem Rubin, doch es war vielleicht grade groß genug für den Arm eines Kobolds.
Younani kam angehüpft und betrachtete das Werk des Elfen und sagte: "Duuuu … Falk … darf ich mal probieren, ob mir der Armreif zufällig passt?"
"Ja natürlich, genau das wollte ich dir gerade vorschlagen, Younani", antwortete Falk grinsend. Im gleichen Moment kam Thorm angestapft, klopfte dem jungen Elfen auf die Schulter und meinte: "Beeindruckend, Junge, du lernst wirklich sehr schnell", und fing an zu lachen.
Younani, die währenddessen den Armreif probierte, war glücklich, denn er passte perfekt: " JUHUU, er passt!" rief sie.
Falk brach vor Lachen zusammen, als er Younani zusah, die sich kurzum in ein gelbes, känguruhartiges Wesen verwandelt hatte, und nun, wild mit den Armen fuchtelnd, fröhlich kreuz und quer in der Höhle herum sprang. Falk, der durch die Kristallumformung wieder sehr erschöpft war - wenngleich auch nicht so stark wie beim letzten Mal - lehnte sich wieder an die Wand, an der er schon zuvor geruht hatte und begann langsam einzudösen.
Als Falk wieder aufwachte, war Younani verschwunden. Thorm jedoch war immer noch da und zeigte dem jungen Elfen, wie sich die Farben der Kristalle manipulieren lassen, wie Gegenstände in Kristallen eingeschlossen werden können oder auch wie Gravuren auf die kristallenen Gegenstände aufgebracht werden können.
Falk war ein eifriger Schüler und seine Bemühungen waren mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg gekrönt. Dennoch war Thorm sehr erstaunt, welche Fortschritte der junge Elf gemacht hatte.

Nachdem auf diese Weise viele Tage vergangen waren, tauchte aus dem Dunkel der Höhle die kleine Gestalt von Younani wieder auf. Sie tanzte auf Falk zu und rief: "Heyoooo Falk! Na wie geht es dir denn so?" "Ganz ehrlich, mir geht es hier super!" entgegnete Falk. "Na, das freut mich", sagte Younani. "Ich bin gekommen, um dich zu fragen, ob du vielleicht in den nächsten Band von Thorms Werken wechseln möchtest. Da werden noch ganz andere Dinge erklärt."
Falk war mit diesem Vorschlag einverstanden. "Ok aber ich habe noch eine Frage. Kann man eigentlich Gegenstände, die man anfertigt, auch mit aus dem Buch herausnehmen?" fragte Falk. "Ja das geht, obwohl man so etwas nur machen sollte, wenn es sich um etwas handelt, was man selbst erschaffen hat und es den Verlauf des Buches nicht stört, wenn man es aus der Geschichte entfernt", entgegnete der Kobold. "Warum willst du das denn wissen?"
"Ach nur so", gab der Elf grinsend und geheimnistuerisch als Antwort zurück.
Das dynamische Elfen-Kobold-Gespann verließ das Buch, um bald darauf in den dritten Band der Thormschen Kristallehre einzutauchen.

Kaum war Falk wieder in der gigantischen Halle angelangt, machte er sich auf die Suche nach seinem Lehrmeister. Als er ihn schließlich fand, begrüßten sich die beiden auf das Herzlichste und Falk betrachtete die neueste Arbeit des Zwergenmeisters. "Thorm, was ist denn das?" fragte Falk. "Das, Falk wird ein Geschenk an dich. Wir werden Dir außerdem eine eigene Kristallwerkbank anfertigen, damit du auch zuhause bei dir arbeiten kannst. Ich werde dir auch einige Kristalle zum Üben mitgeben", erklärte Thorm.
"Das ist ja klasse !" juchzte Falk vor Freude "Wann fangen wir an?"
"Jetzt gleich am besten, nicht wahr?" schlug Thorm vor und Falk nickte zustimmend.
In den nächsten Tagen verbesserte Falk seine Fähigkeiten im Kristallschmieden weiter, so dass es ihm ohne große Mühen gelang, Klingen herzustellen. Beim Gravieren und Sockeln der verschiedenen Gegenstände war er zwar noch lange kein Meister, doch auch hier waren die Fortschritte des jungen Elfen deutlich sichtbar.
An Falks neuer Werkbank arbeiteten die beiden Kristallschmiede lange und gewissenhaft, denn sie sollte etwas ganz besonderes werden.

Nach vielen Tagen und mehreren durchgearbeiteten Nächten kam Younani wieder zurück zu Falk in das Buch: "Hallöchen Falk. Und … wie läuft es? Und was um Himmelswillen ist denn das alles?" fragte sie verwundert, wobei sie auf einen kleinen Berg von Werkzeugen und Kristallen zeigte.
" Das ist meine neue Ausrüstung zum Kristalleschmieden. Von Thorm, für mich, damit ich auch außerhalb weiterarbeiten kann."
"Das ist ja eine prima Idee" rief Younani "Hm, mal schauen, wie wir das alles am Besten aus dem Buch herauskriegen. Aber ich habe da schon eine Idee. Solange Du kräftig mit anpackst, sollte das kein Problem sein.""Finde ich gut", entgegnete der Elf.
Falk, der inzwischen seine Sachen gepackt hatte, schritt auf Thorm zu, um sich zu verabschieden, denn er hatte den Zwerg als guten Freund gewonnen.
"So Thorm, jetzt ist es soweit. Ich werde fleißig weiter üben und dich bald besuchen kommen, um zu sehen, wie es dir geht, und dir zu zeigen was ich alles geschafft habe."
Der Zwerg schritt auf Falk zu, umarmte ihn und drückte ihm dann einen länglichen, mit Stoff umwickelten Gegenstand in die Hand: "Hier für dich. Dein Geschenk. Wir sehen uns wieder, soviel ist sicher. Bis bald, mein Freund."
Falk ging auf Younani zu, die bereits auf ihn wartete, als von hinten ein heiterer Ruf erschallte: " Und pass mir bloß auf das Geschenk auf. Nicht, dass du es verlierst."
"Niemals!" rief Falk. Younani packte den jungen Elfen am Ärmel und gleich darauf fand er sich vor einem Büchertisch der Bibliothek von Titania wieder, mit dem aufgeschlagenen Buch vor der Nase.
"Dann lass uns das Buch mal ausladen", meinte Falk.
Er nahm den Folianten, ging entschlossenen Schrittes vor die Tore der Bibliothek und begann das Buch wie ein Stück nasse Wäsche aus zu schütteln, damit seine Werkbank und die restliche Ausrüstung herausfallen würde. Younani, die Falk nach draußen gefolgt war, krümmte sich vor Lachen und kleine Tränen rannen ihr über das pausbäckige Gesichtchen. Obwohl Falk erst etwas verwundert schaute, ließ er sich bald von dem fröhlichen Lachen des Kobolds anstecken und bebte nun seinerseits in den Fängen eines gewaltigen Lachkrampfs. Nachdem sie sich schließlich beide etwas erholt hatten sagte Younani: "Ich glaube, das machen wir lieber anders." Sie begann eine silbrig glitzernde Schnur aus ihrer Tasche zu ziehen. Sie zog und zog und Falk hätte schwören können, dass eine Schnur von dieser Länge niemals in die Taschen der kleinen Hose des Kobolds hätte passen können. Schließlich band sich Younani das eine Ende der Schnur um die Hand und befestigte das Andere am Handgelenk des Elfen. Plötzlich fühlte sich Falk als ob er fliegen könne. Ganz leicht und schwerelos. Dann ruckte Younani kurz an der Schnur, um die Festigkeit zu überprüfen und nickte zufrieden. "So, und jetzt gehen wir und holen deine Sachen, Falk. Leg das Buch bitte auf den Stein dort drüben." Falk tat, wie ihm geheißen, und legte das Buch vorsichtig auf einen flachen Stein, der offenbar als Abgrenzung eines Blumenbeetes verwendet wurde. Der Stein von einer warmen Sandfarbe reichte dem Elfen gerade bis zu den Waden und war somit ungefähr auf Hüfthöhe des Kobolds. Younani trat auf den Stein zu und sobald sie den Rand des Steines berührt hatte, verschwand sie wie von Zauberhand vor Falks Augen. Bevor sich der junge Elf zu sehr wundern konnte, steckte seine kleine Freundin aber schon ihren Kopf aus dem Folianten, der auf dem Stein lag: "Na komm schon Falk, ich kann das ganze Zeug doch nicht alleine schleppen!" rief der Kobold und zupfte energisch an der Schnur. Falk atmete kurz durch und ging dann mutigen Schrittes auf den Stein zu. Grade als er dachte, im nächsten Moment müsse er über den Stein stolpern, spürte er, wie er in eine andere Dimension trat. War er gerade noch auf der sonnigen Straße vor der Bibliothek gestanden, durchschritt er nun bereits die Höhle, wo er so lange mit Thorm gearbeitet hatte und wo seine Werkbank stand.
"Dann pack mal mit an, Falk!" rief Younani ihm entgegen. Etwas verwirrt blickte Falk in die Richtung aus der er den Ruf gehört hatte. Dort erblickte er nicht seine kleine Freundin, die ihm sonst ungefähr bis zu den Knien reichte. Nein, der kleine Kobold hatte sich in einen sechs Fuß großen, freundlich lächelnden, orangefarbenen Bären verwandelt und umklammerte bereits eine Seite der Werkbank fest mit ihren Pranken. "So kann ich besser tragen helfen", erklärte sie überzeugt und nickte Falk zu. Schnell band sich Falk daraufhin den Beutel mit Kristallen, an denen er üben sollte, an den Gürtel, packte die andere Seite der Werkbank und hob sie an. "Wohin jetzt?" fragte er Younani, denn die Höhle wies keinen offensichtlichen Ausgang auf. "Na, nach draußen", antwortete Younani, als wenn es die natürlichste Sache der Welt wäre. "Schau dort", wies sie Falk an, in dem der große Bärenkopf mit seiner Schnauze nach links zeigte. Und tatsächlich, jetzt, wo er genauer hinschaute, sah Falk eine Stelle, die aussah, als würde feiner Wasserdampf wie ein Vorhang durch die Luft fallen. Seltsam, als er vorher mit Younani in die Bücher hinein- und hinausgegangen war, hatte er keine solchen Stellen bemerkt. Beherzt ging er daher auf den Vorhang zu und musste gleich darauf rasch die Augen schließen, da ihn die Sonne über Titania in die Augen stach. Bär und Elf waren mit der Werkbank vor dem Stein angelangt, auf dem immer noch der Foliant lag.
"Wahnsinn", murmelte Falk, als er die Werkbank abstellte. "Ach was, kinderleicht ist das, wenn man weiß, wie es geht", entgegnete Younani mit einem schelmischen Grinsen. Falk zuckte kurz zusammen, denn ein schelmisch grinsender, sechs Fuß hoher Bär sieht auch in orange und trotz freundlicher Absichten eher gewöhnungsbedürftig aus. "Warte, ich mach dir das wieder ab", sagte Younani, während sie blitzartig zurück in ihre normale Form und Größe schrumpfte und die silberne Schnur von Falks Handgelenk löste.
"Dank dir, Younani", sagte Falk fröhlich. "Ich werde gleich los laufen und das alles meinem Vater erzählen und dann baue ich daheim die Werkbank auf. Aber ich glaube, vorher packen wir noch mein Geschenk aus, oder?"
"Au ja", klatschte der neugierige kleine Kobold seine Zustimmung. Die beiden schlugen vorsichtig den Stoff auf und heraus kam ein kristallener Langdolch. Er trug alle Kristallarten in sich und war zusätzlich mit einem schwarzes Metall gefestigt, das Falk nicht kannte. Er nahm die Waffe und wog sie in der Hand. Sie war federleicht und lag zugleich perfekt in der Hand. Der junge Elf war so fasziniert von der Klinge, dass er den gefalteten Zettel, der dabei lag, fast übersah.
Als er diesen aufschlug, sah er einen Brief von Thorm, der an ihn gerichtet war und auf dem stand:

Lieber Falk, hiermit möchte ich Dich noch einmal zu Deiner Arbeit beglückwünschen, denn Du warst ein guter Schüler und wirst bestimmt einmal ein guter Kristallschmied. Der Langdolch, den Du in den Händen hältst, trägt den Namen "Aryan yil Kerondar". Er hat viele wunderbare Eigenschaften. und ist praktisch unzerstörbar. Ihm wohnt die Magie inne, abhängig von Deiner Stimmung und von Deinen Gedanken zu betäuben, zu verletzen oder gar zu töten.
Sobald du die Klinge berührst, wirst Du der einzige sein, der die besonderen Eigenschaften des Dolches nutzen kann. Für alle anderen Personen wird es lediglich eine Klinge wie jede andere sein.
Aber sei gewarnt. Diese Klinge wird Dir dienen. Solltest Du sie aber jemals im Streit gegen einen Freund ziehen, wird sie in tausend Stücke zerspringen und euch beide schwer verletzen. Also sei wachsam und benutze den Dolch weise.
Ich wünsche dir viel Glück auf deinen Wegen und komm mich bald mal wieder besuchen.
Thorm Eisenschild, Kristallschmiedemeister.

Falk war vollkommen überwältigt von dem Geschenk des Kristallschmiedemeisters. Er betrachtete die Klinge noch einige Zeit, während auch Younani den Brief las. Dann schlug der Elf "Aryan yil Kerondar" wieder in das Tuch ein, aus dem er es entnommen hatte, verabschiedete sich von Younani mit dem Versprechen bald wiederzukommen und seine Werkbank abzuholen. Dann machte sich auf den Weg zu seinem Vater. Diesen fand er nach einiger Zeit in den Hallen der Heilung, dort wo Ehlo und Kitara gepflegt wurden. "Sieh, was ich bekommen habe", platzte Falk heraus und hielt Vanyar "Aryan yil Kerondar" und den Brief entgegen.
"Eine beeindruckende Arbeit, wo hast du das denn her? Und wer ist Thorm?" fragte sein Vater leicht verwirrt, nachdem er den Brief gelesen hatte.
" Das ist ein Zwerg, der in einem 3teiligen Bücherband das Kristallschmieden erklärt. Und nachdem mir lesen zu langweilig war, bin ich zu Younani gegangen. Sie hat mich zum Lernen in die Bücher gebracht und als Abschiedsgeschenk hat mir Thorm, mein Lehrmeister, 2 Stücke angefertigt. Einmal das Langmesser " Aryan yil Kerondar", das du in den Händen hältst, und eine Werkbank fürs Kristallschmieden, die noch der Bibliothek steht. Die müssen wir noch holen."
"Also da warst du die ganze Zeit, ich hab mich schon gefragt, warum du es so lange in der Bibliothek aushältst", erwiderte Vanyar lächelnd "Und du hast dich für ein Handwerk entschieden?" stellte Vanyar stolz fest.
"Kristallschmieden ist eine seltene und schwere Kunst. Ich wünsche dir Glück und Ausdauer bei deinem Streben nach Wissen", fügte er lächelnd hinzu. "Und nun ist es wohl das Beste, wir schaffen dir in der Schmiede ein wenig Platz für dich".
Falk sah seinen Vater freudig an. "Ich darf mit meiner Werkbank in die ... in deine Schmiede?"
"Unsere Schmiede", verbesserte Vanyar seinen Sohn lachend, "ein Geselle braucht einen Platz, an dem er arbeiten kann, und welcher Platz wäre wohl für einen Schmied besser geeignet?"

So verließen beide einträchtig nebeneinander her schreitend die Hallen der Heilung und waren kurz darauf auf kaum sichtbaren Wegen abseits des Trubels im Wald verschwunden.

Copyright © 2010 by Falk